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Gehen ist Magie
Foto: TMBW / Udo Bernhart
Hektik und kaum Zeit für sich selbst – manchmal braucht es
eine Auszeit. Die Ehinger Alb ist wie dafür gemacht. Auf dem 51 Kilometer
langen Besinnungsweg finden Wanderinnen und Wanderer Impulse, Altes und
Gewohntes zu überdenken
Leise
plätschert die Große Lauter unter ihren Füßen dahin. Knapp über der
Wasseroberfläche tanzen blau schimmernde Libellen. Anna sitzt auf einem dicken
Baumstamm, der vor Jahren einmal über den Fluss gefallen ist. Jetzt bildet er
eine natürliche Brücke ans andere Ufer – und einen gemütlichen Platz zum
Entspannen und Zur-Ruhe-kommen. Anna ist auf der vom Deutschen Wanderverband
zertifizierten, 51 Kilometer langen Biosphären-Wandertour „Wege der Besinnung
und Einkehr auf der Ehinger Alb“ unterwegs. Der Rundweg führt quer durch das Gebiet
der Ehinger Alb und das Albvorland: durch dichte Wälder, über kleine Kuppen und
zu weiten Ausblicken. Fast so abwechslungsreich wie das Leben selbst.
Der Weg verläuft am Naturwunder des Jahres 2019
Auf dem Weg geht es darum, sich im spirituellen Raum zu besinnen
und Antworten auf Fragen zu finden, wie „Wo will ich hin im Leben?“ oder „Wo
stehe ich gerade?“ Genau das ist auch Annas Intention. Im Beruf häufig im
Stress, will sie fernab von Terminen und Konventionen die Stille der Natur
genießen. Ihre Etappe führt von Erbstetten durch das Lautertal und weiter über
Mundingen nach Dächingen. Von ihrem Baumstamm aus geht sie weiter an der Großen
Lauter entlang. Der Fluss ist die Lebensader für das Tal. Und nicht nur das:
2019 wurde die Große Lauter von der Heinz Sielmann Stiftung zum Naturwunder des
Jahres gekürt. Mannshoch wachsen die Sträucher an ihrem Ufer. Auf der anderen
Wegseite ragen steile Felswände empor. Und hoch oben am Hang thront die
Burgruine Wartstein, wie ein Wächter, der das Tal überblickt.
Einer, der den Besinnungsweg besonders gut kennt, ist Alfons
Köhler. Der Wirt aus Dächingen ist in der Region aufgewachsen und kennt sie wie
kein Zweiter. „Mir und meiner Familie liegt unsere Heimat auf der Schwäbischen
Alb sehr am Herzen“, erzählt er. „Deshalb habe ich mich auch von Anfang an bei
der Planung des Besinnungsweges engagiert.“ Mit dem großen Rundweg sind die
Wege der Besinnung und Einkehr aber noch nicht abgeschlossen. An den Hauptweg
schließen noch einige Themenwege und ‑orte an.
Annas nächste Station ist ein solcher Themenweg: Der
Lebens-Horizont-Weg in Mundingen ist eine Mischung aus Besinnungsweg und
Kunstpfad. Sechs Kunstwerke hat der Tübinger Künstler Martin Burchard hier
geschaffen, die sich alle mit Spiritualität befassen. Unter einem hölzernen
Unterstand befinden sich drei bunte Gebetsmühlen. Sie sind ein Impuls, damit
Wandernde erkennen, wofür sie dankbar sein können. Langsam dreht Anna an den
Mühlen. Sie zeigen Begriffe wie Harmonie, Inspiration, Klarheit und Frieden.
Der Wanderweg vereint Natur mit Kunst
„Mein absolutes Highlight auf dem Lebens-Horizont-Weg ist die
Statue Enger und weiter Horizont“, erzählt Alfons. „Sie symbolisiert den
Lebensweg der Menschen, erst eingeschränkt durch den Alltag und dann
himmelsoffen und befreit.“ Anna staunt, als sie das mächtige Kunstwerk weiter
oben am Weg entdeckt. Von vorne erinnert es an die Schwingen eines Adlers.
Fasziniert läuft Anna hindurch und streicht mit den Händen über die kühlen
Rohre.
Alfons erklärt: „So wie diesen Ort haben wir einige auf dem
Besinnungsweg, die Kraft geben und wunderbar ruhig sind. Dazu gehört auch einer
meiner Lieblingsorte. Er heißt Die Rolle und ist ein Feuchtbiotop, an
dem man sich Inspiration fürs tägliche Leben holen kann.“ Und auch Anna spürt
mit jedem Schritt, wie sie immer mehr Details der Natur wahrnimmt. Deshalb
plädiert Alfons dafür, sich Zeit zu nehmen und die einzigartige Landschaft am
Fuße der Schwäbischen Alb zu genießen. Und hinter jeder Biegung eröffnen sich
neue Perspektiven.
Auch für Anna, die nach einem Tagesmarsch die Wallfahrtskirche
in Dächingen erreicht, auf einer Kirchenbank Platz nimmt und hier eine ganz
andere Art der Besinnung erlebt. Nicht in der Natur, sondern im Schutz der
Religion – aber genauso ruhig und entspannend wie am Morgen auf dem bemoosten
Baumstamm.
Info:
Mehr über den Besinnungsweg gibt es unter besinnungsweg-ehinger-alb.de, mehr über die Region unter schwaebischealb.de/wandern.
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Dieter Buck
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